„Ein Film ohne Publikum ist Zelluloid.

(Manfred Salzgeber, ca. 1991)
 
Liebe Freundinnen und Freunde,

um für ein wenig Klarheit in unklaren Zeiten zu sorgen, haben zumindest wir die nächsten drei Monate geplant. Wir bitten um Nachsicht für diese überlange Post von Salzgeber ...

Ab Januar geht die queerfilmnacht bis auf weiteres online. Jeweils einen Monat lang kann man dann zwei Filme über die Homepage der queerfilmnacht streamen sowie über die Seiten der Partner-Kinos, die wir dafür natürlich an den Einnahmen beteiligen. Im Januar geht es mit dem preisgekrönten schwulen Armeedrama „Moffie“ aus Südafrika und dem lesbischen Filmklassiker „Sister My Sister“ in restaurierter Fassung los. Im Februar folgen der Coming-of-Age-Film „Minjan“, der in der jüdischen Gemeinde einer russischen Einwandererfamilie im New York der 1980er spielt, und das dänische trans Familiendrama „Eine total normale Familie“. Und im März gibt es ein skandinavisches Doppel: mit dem schwulen Liebes- und Trennungsdrama „Are We Lost Forever“ aus Schweden und dem rauen lesbischen Liebesfilm „Baby Jane“ aus Finnland.

Ähnlich vielstimmig wird es auch im Salzgeber Club. Im Januar gibt es ein Wiedersehen mit „Ulrike Ottinger – Die Nomadin vom See“ (7. Januar) und einem Klassiker des erotischen Kinos aus Frankreich, „Gleichung mit einem Unbekannten“ (14. Januar). Wir folgen dem finnischen Architekturpaar Aino und Alvar Alto in Virpi Suutaris dokumentarischem Porträtfilm „Aalto“ (21. Januar) und dem Sozialistischen Patientenkolletiv in Gerd Kroskes vielschichtigem Zeitstück „SPK Komplex“ (28. Januar). Im Februar gibt es Sébastien Lifshitz' preisgekröntes trans Porträt „Kleines Mädchen“ (4. Februar), Seamus Murphys Dokumentarfilm „PJ Harvey – A Dog Called Money“ (11. Februar), Leonie Krippendorffs romantischen Coming-of-Age-Film „Kokon“ (18. Februar) und Martin Farkas' soziohistorische Studie „Über Leben in Demmin“ (25. Februar). Und im März „Draußen in meinem Kopf“ mit Samuel Koch und Nils Hohenhövel (4. März), „Body Electric“ von Marcelo Caetano (11. März), „Wer war Hitler“ von Hermann Pölking (18. März) und „Futur Drei“ von Faraz Shariat (25. März).
Mit pulsierenden Bildern fängt Regisseur Sebastián Muñoz in seinem Gefängnisdrama „Der Prinz“ eine schwule Beziehung an einem brutalen Ort ein, der zugleich besondere sexuelle Freiheiten bietet. Basierend auf Mario Cruz’ lange verschollenem Roman zeichnet Muñoz aber auch ein faszinierendes Porträt Chiles kurz vor dem Amtsantritt Salvador Allendes. Eigentlich hätte „Der Prinz“ im November in die Kinos kommen sollen. Wir präsentieren ihn nun ab dem 24. Dezember im Salzgeber Club ganz im Sinne eines sexuell expliziten Heiligen Abends.
Wir blicken aber auch gerne zurück: „Als wir tanzten“ hat im Sommer immerhin 40.000 Zuschauer*innen in die Kinos gelockt und gehört nicht nur für The Guardian zu den besten Filmen des Jahres. Regisseur Levan Akin hat sich gestern mit Grit Thunemann, der Kulturreferentin der Schwedischen Botschaft in Berlin, über seinen Film unterhalten. In dem sehens- und hörenswerten Interview ging es unter anderem um die Filmarbeiten in Georgien, über Frauen- und Männlichkeitsbilder, Reaktionen auf den Film und wichtige Botschaften.
Der Salzgeber Club zeigt in den nächsten beiden Wochen zwei Frühwerke des argentinischen Schauspielers Nahuel Pérez Biscayart, der nach Filmen wie „120 BPM“ (2017) und „Persischstunden“ (2020) mittlerweile als Star des europäischen Arthouse-Kinos gilt.

In „Glue“, dem Regiedebüt von Alexis Dos Santos, spielt Nahuel einen Teenager inmitten der Weiten Patagoniens. Lucas ist eine schlaksige Zeitbombe aus Hormonen, Langeweile und Sehnsucht. Mit seinem besten Freund Nacho und der schüchternen Andrea singt er traurig-rotzige Punklieder, versucht sich an Drogen, hat Sex. Und Stereo Total singen dazu „L’amour à Trois“. Ab sofort gibt es „Glue“ im Salzgeber Club. Und in der sissy kann man eine rauschhafte Liebeserklärung an den Film lesen.

„Schick mir ein Ticket und ich gehöre dir!“ So bietet sich ein junger Argentinier auf schwulen Webcam-Seiten an. Ein einsamer, vollschlanker und nicht mehr ganz so junger Bäcker aus Belgien beißt an. Und so landet der Südamerikaner in der tiefsten europäischen Provinz, wo Arbeit wartet und die Hälfte eines Doppelbetts. David Lamberts zweiter Spielfilm „Für immer Dein“ erkundet mit Witz und scharfem Blick für Details die Abgründe und Doppelbödigkeiten einer Paarbeziehung. Nahuel erhielt für seine Leistung den Darstellerpreis auf dem Filmfestival Karlovy Váry. Von seiner Schauspielkunst kann man sich ab 17. Dezember im Salzgeber Club überzeugen.
Der 16-jährige Adam besucht seine lesbische Schwester in New York und hat große Erwartungen: Er will sich das erste Mal verlieben oder zumindest endlich Sex haben! Auf einer queeren Party funkt es zwischen ihm und der Studentin Gillian. Doch die glaubt, dass er ein trans Mann ist. Die smarte queere Verwechslungs- und Coming-of-Age-Geschichte erzählt „Transparent“-Regisseur Rhys Ernst mit viel Herz, wunderbar diversen Figuren und empowernden Momenten. Jetzt gibt es „Adam“ auf DVD.

Sandra Kaudelkas dokumentarisches Porträt „Wagenknecht“ über die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht konnte im Frühjahr nur für vier Tage im Kino laufen. Auf DVD gibt es den Film aufgrund der großen Nachfrage jetzt schon in der zweiten Auflage. Und der Regen kommt noch immer schwer von links!
Vorfreude aufs Frühjahr 2021 weckt die frisch aus der Druckerei eingetroffene Vorschau der Salzgeber Buchverlage. Mit dabei: Ausblicke auf einen Sammelband zu queeren Familienbildern, auf ein neues Memoir des schwulen Bestsellerautors Edmund White und auf Aktfotografien des jungen Berliner Fotografen Richard Kranzin.

Außerdem nehmen wir zum 65. Geburtstag des französischen Schriftstellers Hervé Guibert (1955-1991) am 14. Dezember den Bildband „Phantomparadies“ zur Hand, in dem Fotograf Hans Georg Berger die letzten Jahre des Dichters in berückend intimen Schwarz-Weiß-Aufnahmen dokumentiert.
Das Jahr 2021 sollte auch wegen unserer Wandkalender nicht mehr lange auf sich warten lassen. Die Auswahl reicht von den Online-Boys der tschechischen Adult-Ästheten Bel Ami über die Summer Boys vom US-Studio Cockyboys bis hin zu den gestandenen Männern von Raging Stallion, Hot House und Falcon. Für kunstvolle Männerakte in Schwarz-Weiß sorgt der amerikanische Fotograf Gruenholtz, für atmosphärisch-maskuline Gemälde Abercrombie-Maler Bruce Sargeant.

Besonders hinweisen wollen wir auch nochmal auf die „SchwuZ-Pralinen“. Der Team-Soli-Kalender von Deutschlands größter queerer Kulturstätte versüßt 2021 mit einem Bilderreigen, in dem sich die SchwuZ-Mitarbeiter*innen noch freizügiger zeigen als sonst. Hintergrund des Projekts: Infolge der Corona-Restriktionen kämpft der Berliner Kult-Club um seine Existenz. Die Kalenderaktion ist Teil der Spendeninitiative #saveourschwuz. Jeder Cent aus den Erlösen des Projekts kommt dem SchwuZ zugute. Die volle Pralinen-Packung gibt es im SchwuZ-Shop.
Und nicht zu vergessen ...

...  wer noch Weihnachtsgeschenke besorgen oder sich selbst etwas Gutes tun will, kann und sollte dies wie jedes Jahr nicht nur über die großen Online-Ketten machen, sondern unbedingt auch über die kleinen Geschäfte des Vertrauens. Stellvertrend für alle seien hier die queeren Buchhandlungen Eisenherz in Berlin, Erlkönig in Stuttgart und Löwenherz in Wien erwähnt,
die ein breites Angebot auch unserer Filme und Bücher führen.

Bestellen kann man über die jeweiligen Online-Shops. Oder man besucht ganz klassisch die gut sortierten Läden. Wer genau guckt, kann auf dem Bild des frisch renovierten Löwenherz-Ladens einen ganzen Schwung Salzgeber-Filme entdecken.

Euch alles, alles Gute und Liebe aus der Prinzessinnenstraße!

Stay safe ...
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