ein Film von Daniel Ribeiro
Brasilien 2014, 95 Minuten, portugiesische Originalfassung mit deutschen Untertiteln
FSK 6
Kinostart: 26. Februar 2015
Leo ist von Geburt an blind, aber eigentlich ein ganz normaler Teenager. Er will keine Sonderbehandlung, sondern geküsst werden. Seine beste Freundin Giovana würde ja gerne, aber daran denkt Leo gar nicht. Dann kommt Gabriel in seine Klasse. Er begleitet Leo nach Hause, bringt ihm das Tanzen bei und beschreibt ihm die Mondfinsternis. Und nach einer Party gehört auch Leo zu den Jungs, die schon mal geküsst wurden…
„Heute gehe ich allein nach Hause“ hat auf der Berlinale 2014 das Publikum im Sturm erobert. Selten wurde ein Coming of Age so warmherzig, einfach und klar erzählt. „Der Film tut so gut, als hätte man sich 94 Minuten Händchen haltend in die Sonne gesetzt“, schrieb eine Kritikerin. Ein Film über das Verlieben, in den man sofort selbst schwer verliebt ist. Ausgezeichnet u.a. mit dem TEDDY Award.
„Heute gehe ich allein nach Hause“ ist ein Film über das sexuelle Erwachen einen blinden Teenagers. Das Erwachsenwerden ist eine Zeit der Entdeckungen, und Sexualität wird normalerweise mit dem Sehen Können in Verbindung gebracht. Wie aber kann ein blinder Mensch feststellen, dass er oder sie jemand anderen attraktiv findet? Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie jemand seine sexuelle Orientierung feststellt, ohne jemals einen Mann oder eine Frau gesehen zu haben.
Im Film lernen wir zwei Dinge über unsere Hauptfigur Leonardo: dass er blind ist – und dass er schwul ist. Beides wird in unseren Gesellschaften tabuisiert und mit Stereotypen belegt. Filme, die Homosexualität nicht als Problem begreifen, erzählen von ihr meist als einem Gegenstand der Handlung, dessen Konfliktpotential aufgelöst werden will – so dass die Gesellschaft, die Familie und Freunde Schwulsein als etwas „Normales“ akzeptieren lernen. In „Heute gehe ich allein nach Hause“ ist die Homosexualität von Leonardo nicht das zentrale Thema. Es geht zwar darum, dass er seine Sexualität entdeckt, aber seine „Orientierung“ spielt dabei erst mal keine Rolle. Erste Liebe, erste sexuelle Fantasien und all die neuen Erfahrungen sind allgemeine Bestandteile des Erwachsenwerdens. Ich wollte eine universelle Geschichte erzählen, mit der jeder – ob schwul oder nicht, ob blind oder nicht – etwas anfangen kann.
Die Story dieses Films beruht auf Ihrem eigenen Kurzfilm „Eu Não Quero Voltar Sozinho“. Wie kamen Sie auf die Idee, daraus Ihren ersten Spielfilm zu entwickeln?
Tatsächlich ist die Idee für den Langspielfilm älter. Er sollte von einem blinden Jungen handeln, der sich zum ersten Mal verliebt. Ich dachte, dass ich erst mal in einem kurzen Format mit dieser Idee experimentieren sollte, also entstand quasi ein Pilotfilm für mein Debüt. Als der Kurzfilm dann plötzlich überallhin eingeladen wurde, habe ich das Drehbuch für den Langfilm etwas verändert, damit es Überraschungen gibt für alle, die die Geschichte schon aus dem Kurzfilm kannten.
Sie konzentrieren sich auf die Phase der Jugend, wenn Freundschaften, Liebe, sexuelle Identität besonders wichtig werden. Hat Ihr Film autobiografische Elemente?
Der Teil, der an meiner Geschichte autobiografisch ist, hat höchstens damit zu tun, dass auch ich einmal zum ersten Mal verliebt war. An dieses Gefühl kann sich wohl jede_r noch gut erinnern. Das ist eine universelle Sache, egal, ob schwul oder hetero, blind oder nicht – man versteht einfach, was da mit Leonardo passiert.
Warum ist Ihre Hauptfigur ein blinder Junge?
Die Sexualität und ihr Erwachen wird normalerweise mit dem Aussehen und den visuellen Reizen verbunden. Ich stellte mir also die Frage, wie es bei einem Jugendlichen abläuft, der merkt, dass er schwul ist, aber noch nie einen Mann oder eine Frau angesehen hat. Wenn man den visuellen Aspekt aus der Gleichung nimmt, wird es doch interessant zu ergründen, wo eigentlich die Sexualität ins Spiel kommt. Reagiert man nur auf äußere Reize und entsteht da etwas in unserem Inneren?
DANIEL RIBEIRO (Regie) wurde 1982 in São Paulo geboren. Er studierte an der dortigen Filmhochschule und entwickelte die Musikwebseite „Música de Bolso“. Sein ersten beiden Kurzfilme, „Kaffee mit Milch“ („Café com leite“, im Verleih der Edition Salzgeber, u.a. Kristallener Bär der Berlinale-Sektion „Generation“2007) und „Eu Não Quero Voltar Sozinho“ liefen auf über 180 Festivals und erhielten 115 Auszeichnungen. 2011 entwickelte Ribeiro zusammen mit anderen die Anti-Homophobie-Kampagne „#EUSOUGAY“ („Ich bin schwul“). Sein erster Spielfilm, „Heute gehe ich allein nach Hause“, wurde auf der 64. Berlinale im Panorama uraufgeführt.
Buch & Regie
Daniel Ribeiro
Kamera
Pierre de Kerchove
Schnitt
Cristian Chinen
Sound Design
Daniel Turini, Fernando Henna
Ton
Gabriela Cunha
Szenenbild
Olivia Melena Sanches
Kostümbild
Flavia Lhacer, Carla Boregas
Maskenbild
Ebony
Leonardo
Ghilherme Lobo
Giovana
Tess Amorim
Gabriel
Fabio Audi
Karina
Isabella Guasco
eine Produktion von Lacuna Filmes und Polana Filmes
im Verleih von Salzgeber