ein Film von Christina Clausen
Italien/Frankreich 2007, 91 Minuten,
deutsche Sprachfassung
FSK: 0
„Kunst ist für alle da!“ Mit diesem Verständnis revolutionierte Keith Haring (1958-1990) als Maler, Graffiti-Artist und Designer in den 1980er Jahren die Kunstwelt. Alles begann mit spontanen Zeichnungen von stilisierten Figuren und Hunden in New Yorker U-Bahnen, bald folgten farbenfrohe und wuchtige Wandbilder im öffentlichen Raum, etwa für Krankenhäuser und Schulen. Der offen schwule Künstler Haring verarbeitete zunehmend auch soziale Themen in seinem Werk, machte auf HIV/Aids aufmerksam und engagierte sich gegen Drogenmissbrauch. Als er im Alter von nur 31 Jahren an den Folgen von Aids starb, war er ein Weltstar. Heute ist seine ikonographische, unverkennbare Pop Art allgegenwärtig – auf Postern, T-Shirts, Uhren und in unserem kollektiven Gedächtnis.
„The Universe of Keith Haring“ führt in den faszinierenden Bildkosmos des Künstlers ein und erzählt dessen sagenhafte Lebensgeschichte: von seiner Kindheit über die Anfänge als junger Maler im New Yorker Underground und der schwulen Subkultur bis zu seinem Status als einer der einflussreichsten Künstlerpersönlichkeiten der 1980er Jahre. Neben Haring kommen zahlreiche Wegbegleiter:innen wie David LaChapelle, Hans Mayer oder Yoko Ono zu Wort – aber auch Harings Familie. Ein vielschichtiges Künstlerporträt!
Keith Haring wurde am 4. Mai 1958 in Reading, Pennsylvania, geboren und wuchs im nahe gelegenen Kutztown, Pennsylvania auf. Schon früh entwickelte er eine Liebe zum Zeichnen und erlernte die grundlegenden Fertigkeiten des Cartooning von seinem Vater und von der populären Kultur, die ihn umgab, wie Dr. Seuss und Walt Disney. Nach seinem Highschool-Abschluss 1976 schrieb sich Haring an der Ivy School of Professional Art in Pittsburgh ein, einer Schule für kommerzielle Kunst. Er stellte jedoch fest, dass er wenig Interesse daran hatte, Gebrauchsgrafiker zu werden, und verließ die Schule bald darauf wieder. Während seines Aufenthalts in Pittsburgh setzte Haring Studium und Arbeit frei fort und hatte 1978 eine Einzelausstellung im Pittsburgh Arts and Crafts Center.
1978 zog Haring nach New York City und schrieb sich an der School of Visual Arts (SVA) ein, wo er mit Performances, Video, Installationen und Collagen experimentierte. In New York fand er eine blühende alternative Kunst-Community vor, die sich in den Straßen, den U-Bahnen und in Räumen von Clubs und ehemaligen Tanzlokalen, also außerhalb des musealen und Galeriensystems, entwickelte. Er freundete sich mit den Künstlern Kenny Scharf und Jean-Michel Basquiat an sowie mit den Musikern, Performance-Künstler:innen und Graffiti-Writern der Kunstszene. Haring begann, an Ausstellungen und Performances im Club 57 und anderen alternativen Veranstaltungsorten teilzunehmen und auch selbst zu organisieren.
Haring ließ sich auch von der Arbeit von Jean Dubuffet, Pierre Alechinsky, William Burroughs, Brion Gysin und Robert Henris Manifest „The Art Spirit“ inspirieren, das die grundlegende Unabhängigkeit des Künstlers betonte. Angezogen vom öffentlichen und partizipatorischen Charakter der Arbeiten von Christo, insbesondere von „Running Fence“, und von Andy Warhols einzigartiger Verschmelzung von Kunst und Leben, war Haring entschlossen, seine Karriere der Schaffung einer wahrhaft öffentlichen Kunst zu widmen. Im Jahr 1980 begann Haring, Zeichnungen in U-Bahnen anzufertigen, und schuf zwischen 1980 und 1985 an einzelnen Tagen Hunderte von „öffentlichen Zeichnungen“.
Zwischen 1980 und 1989 erlangte Haring internationale Anerkennung und nahm an zahlreichen Gruppen- und Einzelausstellungen teil. Im Jahr 1982 hatte er sein Soho-Gallerie-Debüt mit einer viel beachteten Einzelausstellung in der Tony Shafrazi Gallery. In dieser Zeit nahm er auch teil an renommierten internationalen Überblicks-Ausstellungen wie der Documenta 7 in Kassel, der Biennale von Sao Paulo und der Whitney Biennale.
In der ersten Hälfte der 1980er Jahre realisierte Haring zudem zahlreiche öffentliche Projekte, darunter eine Animation für die Spectacolor-Plakatwand am Times Square, die Gestaltung von Bühnenbildern und Kulissen für Theater und Clubs, die Entwicklung von Uhrendesigns für Swatch und eine Werbekampagne für Absolut Wodka sowie weltweit die Gestaltung von Wandbildern. Haring gab zudem Zeichenworkshops für Kinder in Schulen und Museen in New York, Amsterdam, London, Tokio und Bordeaux ab und produzierte Bilder für zahlreiche Alphabetisierungsprogramme und andere Kampagnen im öffentlichen Dienst.
Er war ein gefragter Partner für Gemeinschaftsprojekte und arbeitete mit so unterschiedlichen Künstler:innen und Interpret:innen wie Madonna, Grace Jones, Bill T. Jones, William Burroughs, Timothy Leary, Jenny Holzer, Yoko Ono und Andy Warhol zusammen. Im April 1986 eröffnete Haring den Pop Shop, ein Geschäft in Soho, in dem er T-Shirts, Spielzeug, Poster, Buttons und Magnete mit seinen Bildern verkaufte. Der Laden sollte den Menschen einen besseren Zugang zu seinen Werken ermöglichen, die nun auf Produkten zu einem niedrigen Preis erhältlich waren. Haring blieb so seinem Prinzip treu, seine Kunstwerke einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen, und er erhielt dafür breite Unterstützung von Freunden, Fans und Mentoren wie Andy Warhol.
Im Jahr 1988 wurde bei Haring Aids diagnostiziert. Im Jahr 1989 gründete er die Keith Haring Foundation, deren Aufgabe es ist, Aids-Organisationen und Kinderprogramme mit finanziellen Mitteln und Bildmaterial zu versorgen und das Publikum für Harings Arbeit durch Ausstellungen, Publikationen und die Lizenzvergabe für seine Bilder zu erweitern. In seinen letzten Lebensjahren nutzte Haring seine Bilder, um HIV/Aids sichtbar zu machen und so das Bewusstsein für die Erkarnkung zu schärfen.
Während seiner kurzen, aber intensiven Karriere waren Harings Werke in über 100 Einzel- und Gruppenausstellungen zu sehen. Der Künstler starb am 16. Februar 1990 im Alter von 31 Jahren an den Folgen von Aids.
CHRISTINA CLAUSEN (Regie), wurde in Dänemark geboren und lebt und arbeitet größtenteils in Rom. Seit 1991 arbeitet sie für Rai – Radiotelevisione italiana S.p.A. 1998 debütierte sie mit ihrem ersten Film „Tedeschi in Italia 1943-1945“ (Deutsche in Italien 1943-1945). Außerdem arbeitete sie für das Österreichische Fernsehen (ORF) und das Schweizer Fernsehen (RTL). Seit 1994 hat sie mehrere audiovisuelle Projekte für zeitgenössische Kunstausstellungen in italienischen Museen kuriert.
Regie & Buch
Christina Clausen
Kamera
John Kelleran
Kameraassistenz
Isabelle Bourzat, Emanuele Princi
Schnitt
Silvia Giulietti
Musik
Angelo Talocci
Tonmischung
Allesandro Salvatori
Graphicdesign
Marco Faiazza
Wissenschaftliche Beratung
Gianni Mercurio
Produzenten
Eric Ellena, Ian Ayres, Paolo Bruno
Beteiligter Produzent
Marco Genome
Eine Produktion von French Connection Films und Overcom Production
im Verleih von Salzgeber