ein Film von Amrou Al-Kadhi
UK 2024, 100 Minuten, englische Originalfassung mit deutschen Untertiteln
London im Pride-Monat. Drag-Performer:in Layla tritt bei einem tristen Unternehmensevent auf, das sich Queerfreundlichkeit nur aus Werbezwecken auf die Fahne geschrieben hat. Ausgerechnet hier wird Layla von dem jungen Marketing-Experten Max angeflirtet. Obwohl die beiden aus unterschiedlichen Welten kommen – Layla ist non-binär, hat palästinensische Wurzeln und lebt in einer aufregenden queeren Künstler:innen-Community; Max ist schwul, stammt aus einem konservativen britischen Elternhaus und hat vor allem Yuppie-Freunde – entwickelt sich zwischen ihnen ein regelrechter Liebesrausch. Doch als Layla versucht, sich der Lebenswelt von Max anzupassen, um für ihn „kompatibler“ zu sein, kommt es zu Konflikten. Max beginnt, sich und seine Privilegien als weißer cis Mann zum ersten Mal in Frage zu stellen. Hat ihre Liebe überhaupt eine Chance?
Was bedeutet es, jemanden zu lieben – und sollten wir dafür mitunter etwas von der eigenen Identität preisgeben? In „Layla“ erzählt Regisseur:in Amrou Al-Kadhi – selbst non-ninär und Dragperformer:in in London mit irakischen Wurzeln – eine moderne Geschichte von zwei Menschen, die gerade wegen ihren kulturellen, sozialen und sexuellen Differenzen zueinanderfinden und etwas Neues über sich selbst herausfinden. Ein mitreißendes Plädoyer dafür, zu sich selbst und füreinander einzustehen – allen (vermeintlichen) Erwartungen zum Trotz!
Was ist das Besondere an Laylas und Max’ Liebesgeschichte?
Amrou: Zu Anfang hat Layla ein zutiefst zerrüttetes Selbstverständnis – ist kontaktfreudig, witzig, frech – das Publikum wird davon durch die selbstbewusste Drag-Persona überzeugt. Kurz darauf sehen wir aber bereits, wie sehr Layla dazu bereit ist, durch den Wunsch geliebt zu werden das authentische Selbst abseits der Bühne zu kompromittieren. Unangepasstheit wird von der Außenwelt manchmal als Trotz wahrgenommen. Unangepasst zu sein bedeutet aber nicht, dass man sich nicht auch nach der Sicherheit sehnen würde, die darin liegt akzeptiert zu werden. Dieser Widerspruch zwischen Laylas selbstbewusstem Auftreten und dieser emotionalen Zerbrechlichkeit ist eine selten im Film dargestellte Dualität queeren Empfindens und basiert in Laylas Fall auf der komplizierten Beziehung zur muslimischen Familie.
Als Layla und Max sich das erste Mal treffen, ist Layla schockiert, dass Max begeistert ist von den exzentrischen und femininen Aspekten seiner/ihrer Persönlichkeit. Bald schon wird aber klar, dass er diese Aspekte nur im privaten tolerieren kann, in queeren Räumen und im Schutz der Dunkelheit. Die Beziehung zwingt Max dazu, sich seiner Privilegien bewusst zu werden und seiner Grenzen, wobei er sich unwohl fühlt. Layla tut also das, was für eine genderqueere Person of Color, die es gewohnt ist, ihrer Familie vorzuspielen ein heterosexueller cis Mann zu sein, ganz natürlich ist und passt sich an, um Max entgegenzukommen.
Kannst Du mehr über die Stimmung des Films sagen?
Amrou: Wir wollten, dass das Publikum spürt, wie erschöpfend Laylas Code-Switching ist. Das sollte sich auch im Ton des Films widerspiegeln: mit einer Mischung aus Liebeskomödie, dramatischen Momenten des Coming-of-Age Genres und dem lebhaften, bissigen Witz von Laylas Freund:innenschaften ist der Film ästhetisch und tonal so intersektional wie Layla selbst.
Die queere Community hat auf Widrigkeiten schon immer mit Heiterkeit reagiert. Als arabische:r Drag-Performer:in waren Komödien für mich enorm wichtig, um mit Traumata umzugehen, die mir von der Welt auferlegt worden sind. „Layla“ existiert an dieser Schnittstelle zwischen Heiterkeit und Tragödie, ist manchmal hoffnungsvoll und manchmal zynisch, wie ein sich ständig verändernder queerer Organismus, der sich nicht auf eine Sache festlegen lässt.
Bilal, erzähl uns von der Beziehung zwischen Max und Layla und wie Du Laylas Entwicklung im Film betrachtest.
Bilal: Ich glaube, dass die Chemie zwischen Max und Layla einfach stimmt. Das drückt sich einerseits in der intensiven Körperlichkeit aus. Das, was sie aber mental verbindet ist, dass Max neugierig ist. Er fühlt sich angezogen von Laylas sexueller und geschlechtlicher Freiheit.
In dieser Beziehung haben beide das gleiche Problem, nämlich die Unfähigkeit, ihre Gefühle zu kommunizieren. Layla kann Max nicht von der Angst erzählen, die seine Nervosität gegenüber seiner/ihrer Geschlechtsidentität bewirkt und wie sich das auf ihr gemeinsames Leben auswirkt. Max kann Layla nicht mitteilen, dass ihn ihre Unterschiede einschüchtern – diese scheinbar unüberbrückbare Kluft zwischen den Identitäten und die Frage, wie sie sie überbrücken können.
Layla muss sich schließlich auf ihre eigene Reise begeben, die darin besteht, ihre arabische Identität mit ihrer queeren Identität in Einklang zu bringen. Am Ende des Films blüht Layla auf und wird zu etwas, das wirklich frei und wirklich selbstbestimmt ist.
Wie war es, mit Louis zu arbeiten?
Bilal: Die Arbeit mit Louis war einer der Höhepunkte meiner Karriere. Er ist einer der sensibelsten Schauspieler, die ich je kennengelernt habe, und ich glaube, er hat Max so viel gegeben, hat dieser Figur echte Nuancen und Komplexität verliehen und ist die Rolle mit so viel Neugier und Liebe, Empathie und Freundlichkeit angegangen.
Louis, was hat dir an Max am meisten gefallen?
Louis: Ich finde es toll, dass Max eine facettenreiche Figur ist. Es wäre leicht gewesen, Max in der Beziehung zu Layla zu einem eher toxischen Charakter zu machen, aber ich denke, was Amrou wirklich gut gemacht hat, ist, jemanden zu schaffen, der nicht nur gut oder böse ist – Layla und Max tun beide manchmal Dinge, die man problematisch finden könnte.
Warum glaubst Du fühlen sich Layla und Max so zueinander hingezogen?
Louis: Ich glaube, beide verkörpern eine Welt, von der keine der Figuren mal dachte, dass sie dazugehören würde. Für Max ist Laylas Welt etwas, das er nie betreten hat, und Layla hat das Gefühl, dass Typen wie Max normalerweise nie auf ihn/sie abfahren würden. Beiden haben dieses Gefühl, dass ein bisschen ist wie bei Romeo & Julia, wenn sie die Grenzen zwischen den verschiedenen Gruppen überschreiten… darüber hinaus sind sie sich in gewisser Weiser ähnlich – ihre Seelen verbinden sie einfach.
AMROU AL-KADHI (Regie & Buch) ist Autor:in, Regisseur:in und Drag Queen und richtet seine/ihre Arbeiten darauf aus, die Leben queerer People of Color in den Vordergrund zu stellen. Vor Amrous erstem Spielfilm „Layla“ entstanden vier Kurzfilme, die auf mehreren BAFTA & Oscar qualifizierenden Festivals liefen und über PBS, NOWNESS, BBC, Revry und den BFI-Player ausgestrahlt wurden. Als Drehbuchautor:in schrieb Amrou die finale Episode der Apple-TV-Show „Little Miss America“, die von Hollywood Reporter als Höhepunkt der Sendung bezeichnet wurde und als eine der 10 besten TV-Episoden des Jahres 2020. Die Folge gewann ebenfalls einen Glaad Award. Amrou schrieb ebenfalls für BBC America an „The Watch“ und hat bei FX Productions, ABC und BBC Drama erfolgreich mehrere Pilot-Skripte untergebracht. 2019 veröffentliche Amrou mit „Unicorn“ seine/ihre Memoiren, die mit dem Polari Buch Preis und dem Somerset Maugham Award ausgezeichnet wurden. Derzeit wird „Unicorn“ von Amrou mit Universal Studios und The Forge Entertainment als Serie adaptiert. Weiterhin veröffentlicht Amrou regelmäßig Texte im Guardian, The Independent und Attitude Magazine.
BILAL HASNA (Layla) ist ein britischer Schauspieler und Bühnenautor. Während „Layla“ Bilals erste Filmrolle ist, hat er bereits in mehreren Serien mitgespielt, darunter „Sparks“ (2020), „Screw“ (2021), und „3 Body Problem“ (2024). Er ist außerdem Teil des Hauptcasts der Disney+-Serie „Extraordinary“.
2022 schrieb Bilal gemeinsam mit Aaron Kilercioglu sein erstes Theaterstück mit dem Titel „For a Palenstinian“, welches er ebenfalls als Solo Show in mehreren ausverkauften Vorstellungen im Camden Peoples Theatre London und dem Bristol Old Vic vorführte. Bilal wird Ende 2024 in der Serie „Dead Hot“ als Teil des Hauptcasts zu sehen sein und 2025 in dem Anime „The Lord of the Rings: The War of the Rohirrim“ eine Sprechrolle übernehmen.
Regie & Buch
Amrou Al-Kadhi
Kamera
Craig Dean Devine
Montage
Fiona Brands
Szenenbild
Soraya Gilanni Viljoen
Tonmischung
Glen Gathard
Musik
CJ Mirra
Kostümbild
Cobie Yates
Maskenbild
Adele Firth
Casting
Shaheen Baig
Herstellungsleitung
Emily Precious
Produzentin
Savannah James-Bayly
Ko-Produzentinnen
Emily Everdee, Samantha Spellman
Ausführende Produzent:innen
Farhana Bhula, Louise Ortega, Nina Yang Bongiovi, Forest Whitaker, Kevin M. Lin, Michael Y. Chow, Mary Burke
Layla
Bilal Hasna
Max
Louis Greatorex
Princy
Safiyya Ingar
Felix
Terique Jarrett
Fatima
Sarah Agha
Eine Fox Cub Films Produktion in Zusammenarbeit mit Significant Productions und Aum Group
Präsentiert von Film4 und BFI
im Verleih von Salzgeber