Buch Tucké Royale · Regie Johannes M. Schmit
Deutschland 2020, 81 Minuten, deutsche Originalfassung
FSK 16
Kinostart: 12. August 2021
Jetzt streamen im Salzgeber Club
Sommer in der Brandenburger Provinz. Markus ist hin- und hergerissen zwischen der Liebe zu seinen pflegebedürftigen Omas und der Sehnsucht nach einem anderen Leben in Berlin. In Tagträumen erscheint ihm immer häufiger eine Schar schillernder Dämonen als Vorboten einer queeren urbanen Wahlfamilie, die ihn aus seiner Einsamkeit befreit. Als er sich in Duc verliebt, wird alles noch komplizierter. Denn eigentlich stehen in Markus’ Neubauwohnung schon die gepackten Kisten für den Umzug in die große Stadt.
Wo möchte ich leben – und wie? Mit diesen existentiellen Fragen beschäftigen sich Autor/Hauptdarsteller Tucké Royale und Regisseur Johannes M. Schmit in ihrem Debütfilm aus der Sicht eines jungen queeren Mannes in der Uckermark. Und beantworten sie mit einem dezidiert nicht-normativen Lebensentwurf, in dem die Befreiung aus konservativen Vorstellungen von Sexualität und Geschlechterzugehörigkeit ebenso eine Rolle spielen wie Commitment und gegenseitige Fürsorge. Ihr queerer Heimatfilm entstand fernab der großen Metropolen als unabhängige Produktion in einem Künstler:innen-Kollektiv, dem es um ambivalente (Gegen-)Erzählungen und eine „Neue Selbstverständlichkeit“ geht. Im Januar 2020 feierte „Neubau“ seine Uraufführung im Spielfilm-Wettbewerb des Filmfestivals Max Ophüls Preis. Dort wurde er als Bester Spielfilm ausgezeichnet und dabei von der Jury besonders für seine „Kraft Empathie zu erzeugen“ gelobt. Tucké Royale erhielt zudem für sein Buch und Schauspiel den Preis für den gesellschaftlich relevanten Film.
Der vorliegende Film ist der Versuch einer Übersetzung ohne Verallgemeinerung. Er bemüht sich die Lebenswelt einer sehr besonderen Figur in allen Aspekten sichtbar zu machen, ohne gleichzeitig den Abgleich mit einer dazu in Konflikt stehenden Norm zu suchen. Nach Möglichkeit haben wir das Genre des Coming-out-Dramas umschifft und stattdessen versucht Menschen auf dem Land in konkreten Beziehungen und in immer neuen Alltagen zu zeigen. Inspiriert von der Zeitlichkeit der Landschaft, in der der Film spielt, werden Wendepunkte entsprechend nicht scharfkantig dramatisiert, sondern gleichsam sanft von Hügel zu Hügel getragen. Commitment und Fürsorge sind die ethischen Werte innerhalb der Erzählung, die dieser Ästhetik zu Grunde liegen.
Einen Lebensentwurf wie den der Hauptfigur mit Selbstverständlichkeit zu erzählen ohne wiederum dessen Prekarität zu unterschlagen, scheint mir die dramaturgische wie politische Herausforderung der Stunde.
JOHANNES MARIA SCHMIT (Regie) wurde 1981 in Trier geboren und studierte Regie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in der Klasse von Thomas Ostermeier. Seine Abschlussarbeit (2009), mentoriert von René Pollesch, erhielt besondere Auszeichnung. Nach seinem Studium wurde Schmit als Hausregisseur am Centraltheater Leipzig engagiert, wo er maßgeblich an der Konzeption und dem Aufbauteam der Spielstätte SKALA beteiligt war und mit seinen Arbeiten erste Erfolge feierte, u.a. beim Festival radikal jung in München. Die Zusammenarbeiten mit Laurent Chétouane, René Pollesch und Tucké Royale prägen seinen Arbeitsstil. Seit 2011 arbeitet Schmit als freier Regisseur im deutschsprachigen Raum sowie in der schwedischen Theaterszene, vor allem mit der Gruppe Institutet (Malmö/Berlin). Dort gründete er mit dem Performancekünstler Iggy Malmborg das Duo White on White, das mit seinen Arbeiten international Aufmerksamkeit erfährt. Seit der Intendanz Langhoff/Hillje (2013) sind Schmits Arbeiten auch regelmäßig am Gorki-Theater in Berlin zu sehen. Seit 2013 unterrichtet Johannes Maria Schmit an diversen Universitäten und Kunsthochschulen (ZHdK Zürich, Teaterakademi Helsinki, Goethe-Universität Frankfurt am Main etc.). Im Februar 2017 gewann er zusammen mit der dänischen Künstlerin Inga Gerner Nielsen den Leipziger Bewegungskunstpreis. Seit Januar 2019 ist Schmit Doktorand an der Kunsthochschule Stockholm / Uniarts. „Neubau“ ist Schmits Debütfilm.
Preise · Auszeichnungen · Stipendien:
2016
Preisträger Leipziger Bewegungskunstpreis (zusammen mit Inga G. Nielsen, DK)
2015
Stipendiat von Tandem Europe – a learning programe for cultural managers
2014
Saari Residence, Turku
2013
Nominierung „Bester Nachwuchsregisseur“ / Jahrbuch Theater Heute
2013
Einladung zum Heidelberger Stückemarkt (Inszenierung von „machthaber“ von Kathrin Röggla)
2012
Junge Talente / Internationales Forum / Berliner Theatertreffen
2010
Einladung zu radikal jung, München (Inszenierung von „Im Pelz“ von Katharina Schmitt) · Einladungen mit White on White (seit 2009) zu Wunder der Prärie, Mannheim, Bastard, Trondheim, Hitparaden, Kopenhagen, Balto Scandal, Rakvere u.v.a
TUCKÉ ROYALE (Buch, Hauptdarsteller) wurde 1984 in Quedlinburg geboren. Er arbeitet als Autor, Regisseur, Musiker und Schauspieler, und lebt in Berlin. Royale studierte Judaistik an der FU Berlin und Puppenspielkunst an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch, wofür er ein Hochbegabtenstipendium von der Rosa Luxemburg Stiftung erhielt. Seine Solo-Stücke „Tucké Royale“ und „Ich beiße mir auf die Zunge und frühstücke den Belag, den meine Rabeneltern mir hinterließen“ wurden international gezeigt. Als Ghostwriter und Bandmitglied kollaboriert er seit 2012 mit Hans Unstern.
Mit dem von Daniel Cremer ins Leben gerufenen Kollektiv Talking Straight simulierte Royale die Konferenz „Aussöhnen mit Deutschland II“ und das Talking Straight Festival (Autorenpreis 2015 des Stückemarkts). Royale war Stipendiat der Elsa-Neumann-Stiftung des Landes Berlin für die 2015 initiierte Inauguration des Zentralrats der Asozialen in Deutschland. Für die soziale Plastik des Zentralrats erhielt er als Erster Sprecher 2015 ein Arbeits- und Recherchestipendium des Berliner Senats. Er kollaboriert mit dem Regie-Duo Gintersdorfer Klaßen und führt seit 2016 das Singspiel L’Ambassadeur und 2018 Nathan der Weise auf.
Im Frühjahr 2016 gründete Royale zusammen mit Hans Unstern und Black Cracker die BOIBAND, deren LP 2017 bei staatsakt erschien. Im Herbst 2016 erarbeitete Royale als Musiker und Schauspieler mit Lola Arias und Ensemble die Produktion Atlas des Kommunismus, die Teil des Herbstsalons im Maxim Gorki Theater war, im Januar 2018 in Bologna gezeigt wurde und für 2019 nach Buenos Aires eingeladen ist. Im Oktober 2017 wurde das in Zusammenarbeit mit Johannes Maria Schmit entstandene Rachemusical „Mit Dolores habt ihr nicht gerechnet“ am Maxim Gorki Theater in Berlin uraufgeführt. Royale ist Teil des Chors von Marta Górnicka, der am 3. Oktober 2018 das Grundgesetz vor dem Brandenburger Tor im Rahmen des Festivals War or Peace – Crossroads of History 1918/2018 aufführte. Im Juli 2018 widmete die „theater heute“ Tucké Royales Arbeiten ihre Coverstory.
Preise · Auszeichnungen · Stipendien:
2018
Residency Program in der Uckermark – Libken e.V.
2016
Stipendium des Musicboard Berlins für BOIBAND
2015
Arbeits- und Recherchestipendium des Berliner Senats Autorenpreis mit dem Kollektiv Talking Straight des Berliner Stückemarkts
2014
Stipendium der Elsa-Neumann-Stiftung des Landes Berlin, Nachwuchsförderung
2013
Fleetstreet Residency Programm in Hamburg
2011
Nominierung für „Best International Act“ für das Solostück „Tucké Royale“
2007
Hochbegabtenförderung der Rosa-Luxemburg-Stiftung & Recherchestipendium New York
FABIAN ALTENRIED (Producer), geboren 1987, ist Produzent, Regisseur und Autor. Er studierte Freie Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf und Philosophie an der Humboldt Universität zu Berlin. Seit 2013 ist er Geschäftsführer der Berliner Produktionsfirma Schuldenberg Films. Seine Tätigkeit als Produzent umfasst Spielfilme, den kreativen Dokumentarfilm und den Experimental- und Kunstfilm. Sein Fokus sind Filme zu politischen, kritischen, und gesellschaftlichen Themen, die eine ungewöhnliche und künstlerische Form suchen. Fabian war Stipendiat von Gargonza Arts 2013, Teilnehmer von Feature Expanded 2016 und Berlinale Talents 2017. Seine Arbeiten als Produzent und Regisseur wurden u.A. vom BKM, MBB, FFF Bayern FFA, HKF, werkleitz e.V., MEDIA Creative Europe, der Kunststiftung NRW, der Stiftung Kunstfonds, Interartes e.V. und den Mondriaan Funds unterstützt und gefördert und feierten Premieren u.a. auf der Berlinale, in Venedig, Rotterdam, Edinburgh, Sarajevo, Sao Paulo. Als Regisseur debütierte Fabian 2014 mit einem Langfilm (Rotterdam) und 2017 mit einem Kurzfilm (Edinburgh). Sein zweiter Kurzfilm „Amygdala“ befindet sich derzeit in Postproduktion.
Regie
Johannes M. Schmit
Buch
Tucké Royale
Bildgestaltung
Smina Bluth
Szenografie / Kostümbild
Louis Krüger
Montage
Antonella Sarubbi
Ton
Birte Gerstenkorn
Tongestaltung / Mischung
Azadeh Zandieh
Filmmusik
Nguyen Baly & Tara Transitory
Aufnahmeleitung
Hai Anh Trieu
Produktionsleitung
Philipp Rühr
Herstellungsleitung
Sophie Ahrens
Producer
Fabian Altenried
Produzent:innen
Fabian Altenried, Sophie Ahrens, Kristof Gerega
Koproduzent
Tucké Royale
Markus Hawemann
Tucké Royale
Sabine
Monika Zimmering
Alma
Jalda Rebling
Duc
Minh Duc Pham
eine Produktion von Schuldenberg Films
in Kooperation mit Ehrliche Arbeit und HAU – Hebbel am Ufer
gefördert durch Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Medienboard Berlin-Brandenburg, Hauptstadtkulturfonds, HAU Hebbel am Ufer, Rudolf Augstein Stiftung, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Amadeu Antonio Stiftung
im Verleih von Salzgeber