Ab 28. November im Kino

Baldiga – Entsichertes Herz

ein Film von Markus Stein

Deutschland 2024, 92 Minuten, deutsche Originalfassung

Kinostart: 28. November 2024

Baldiga – Entsichertes Herz

„Durch und durch im kaputten Umfeld der Sehnsüchte. Stricher, Transvestiten, Geisteskranke, Alkoholiker. Dort fühl ich mich zuhause. Dort ist die Welt, die festgehalten werden muss.“

West-Berlin 1979. Jürgen Baldiga, Sohn eines Essener Bergmanns, ist gerade in die Stadt gezogen und beschließt, Künstler zu werden. Er arbeitet als Stricher und Koch, schreibt Gedichte und Tagebuch. Mit seiner HIV-Infektion entdeckt er 1984 die Fotografie. Seine Bilder sollen die Zeit anhalten und die Wirklichkeit einfangen: Sie zeigen seine Freunde und Lover, wilden Sex und das Leben auf der Straße und immer wieder die lustvollen Tunten des Schwulenclubs SchwuZ, die zu seiner Wahlfamilie werden. Zwischen Verzweiflung und Begehren, Auflehnung und unbändigem Überlebenswillen wird Baldiga im Angesicht des nahen eigenen Todes zum Chronisten der West-Berliner Subkultur. Als er 1993 im Alter von 34 Jahren stirbt, hinterlässt er tausende Fotografien und 40 Tagebücher – ein einzigartiges künstlerisches Vermächtnis.

Entlang von Baldigas poetischen Tagebüchern und schonungslosen Bildern sowie über die Erinnerungen von Wegbegleiter:innen zeigt „Baldiga – Entsichertes Herz“ den Künstler nicht nur als bahnbrechenden Fotografen, sondern auch als Aids-Aktivisten und engagierten Kämpfer gegen die Stigmatisierung schwuler Lebensentwürfe. Das Porträt eines radikalen und komplexen Künstlers – und der sagenumwobenen schwulen West-Berliner Szene der 80er und frühen 90er Jahre, die Baldiga so einfühlsam und authentisch fotografisch einfing wie niemand sonst.

Festivaleinsätze

Freiburg

am Freitag, 3. Mai um 20:30 Uhr

Zürich

am Freitag, 26. April um 18:45 Uhr

Jürgen Baldiga
Selbstdarstellung (1992)

1959 als strammer Achtpfünder das Licht der Welt erblickt
Sohn eines Bergmanns

Seit 1979 in Berlin — Broterwerb als Koch / Barkeeper / Geliebter / Prostituierte / Gelegenheitsarbeiter

Seit 1980 die ersten Gehversuche in Richtung der schönen Künste Lyrik / Musik / Film / Performance

1984 lustvoller Erwerb einer Immunschwäche

Seit 1985 Autodidakt in der Kunst der Fotografie

Seit 1989 vollends im Bilde oder besser: Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.

Bücher:

  • 1980

    „Breitseite: Gedichte und Fotocollagen“ (Verlag Maldoror FlugSchriften Berlin)

  • 1986

    „Bambule. Photoporträts“ (Vis-a-Vis Berlin)

  • 1987

    „Jünglinge. Photographien“ (Vis-a-Vis Berlin)

  • 1988

    „Tunten/Queens/Tantes. Ein Männerfotobuch“ (Vis-a-Vis Berlin)

  • 1992

    „Etwas besseres als den Tod finden wir allemal“ (Edition Dia Verlag Berlin)

Interview
Regisseur Markus Stein über seinen Film

Kannst Du Dich noch erinnern, wo und wann du zum ersten Mal bewusst ein Bild von Jürgen Baldiga gesehen hast?

Ich habe in den frühen 90ern das Porträt von Melitta Sundström als großen Abzug gesehen, bei Freunden von Freunden. Ich erinnere mich, dass mich der intensive Blick der Sundström und das Einverständnis zwischen Fotograf und Porträtierter beeindruckt haben. Es war ein undurchdringliches Geheimnis dahinter, eine nicht klar zu definierende Faszination. Wer der Fotograf war, wusste ich damals noch nicht. Für die Leute in deren Wohnung das Bild hing, war Melitta aber ein großes Vorbild, das merkte man deutlich. Und Baldiga war ihr Fotograf.

Was hat Dich an der Person Jürgen Baldiga und seinem Werk so interessiert, dass du über ihn einen Film machen wolltest?

Ringo Rösener hat mir von Baldiga und dessen bisher unveröffentlichten Tagebüchern erzählt. Als ich sie las, war ich sofort von der Schonungslosigkeit beeindruckt – von Baldigas Schonungslosigkeit mit sich und mit anderen. Sein fotografischer Blick, mit dem er seine Umgebung betrachtete, und die Einblicke in die Berliner Subkultur der 80er und 90er haben mich fasziniert. Ich habe in der Zeit selbst in Berlin gelebt, genauer gesagt in Kreuzberg, habe die Szene aber nur am Rande wahrgenommen. Baldiga und seine Fotos waren ein großer Anreiz, etwas kennenzulernen, was ich damals schlicht nicht richtig mitbekommen habe.
Viele der Leute, mit denen Ringo und ich bei der Recherche gesprochen haben, kamen wie Baldiga aus Westdeutschland und hatten im West-Berlin der 80er Jahre die Möglichkeit gesehen, frei leben zu können. Baldiga steht in der Hinsicht für viele andere. Besonders war an ihm aber, dass er als Arbeitersohn und ausgebildeter Koch mit 19 beschloss, Künstler zu werden – er wusste nur noch nicht mit was. Diese Lebensentscheidung hat mich interessiert und ich habe etwas daraus gelernt: dass jeder künstlerische Ausdruck mit einer Entscheidung beginnt. Man muss die innere Überzeugung haben, der Welt etwas mitteilen zu wollen. Baldiga ist dann als Künstler schnell gereift, er hat als Autodidakt seine Fotografie entwickelt. Das finde ich sehr bewundernswert.

Wie hast Du seine Fotografie empfunden?

Zunächst schien es mir so, dass er sich bei seinen Bildern so gar nicht für Komposition und fotografische Qualität im Sinne technischer Feinheiten interessiert hat, erst allmählich habe ich herausgefunden, dass hinter seiner Fotografie ein künstlerisches Programm steht: Die scheinbaren Schnappschüsse, der Blitz, das harte Licht, die Körnigkeit waren Mittel, die Unmittelbarkeit seiner Beobachtungen zu unterstreichen. Das Porträt eines jungen nackten Mannes mit Ratte auf der Schulter zum Beispiel: Da glaubt man sofort daran, dass er diesen Moment wirklich mit der Gunst des Augenblicks eingefangen hat. Daran habe ich auch geglaubt, bis ich über den Kontaktabzug im Archiv gestolpert bin, der das eine Motiv 36 Mal zeigt. Da waren so viel mehr Überlegung, Ausdauer, Gestaltungswillen und Handwerk dahinter, als ich zunächst angenommen hatte. Ich finde großartig, wie es ihm immer wieder gelang, mit seinen Bildern dieses Gefühl der Unmittelbarkeit herzustellen. Gleichzeitig gelang es ihm, ganz auf Augenhöhe mit den Porträtierten zu sein.
In vielen von Baldigas Bildern geht es schließlich um das Ringen mit und um seine Sexualität. „Die Freiheit der Sexualität“ schreibt er einmal in seinem Tagebuch. In Zeiten von HIV und Aids hatte dieser Gedanke natürlich besondere Relevanz. Baldiga ging es um das Ringen um die eigene Freiheit zu einer Zeit voller Reglements von außen. Und um den Konflikt von Verantwortung und persönlicher Freiheit.

Über das Schwule Museum hattet Ihr Zugriff auf den kompletten Nachlass: Baldigas Fotografien, seine übrigen künstlerischen Arbeiten, 40 unveröffentlichte Tagebücher. Wie habt Ihr Euch diesem gewaltigen Material angenähert, wie habt Ihr es für den Film strukturiert?

Ohne das Transkript, das Aron Neubert gemacht hat, hätten sich uns Baldigas Tagebücher gar nicht erschlossen, schon die Handschrift hätten wir gar nicht entziffert. Aron hat uns auch großzügig den Zugang zum Archiv organisiert und dann Bilder rausgesucht. Auch dies war eine enorme Fleißarbeit.
Ringo hatte die Idee, über Baldiga einen Film zu machen und sehr viel dazu recherchiert. Im Archiv des Schwulen Museums hat er sämtliche Kisten des Nachlasses durchgesehen. Er hat die kompletten Tagebücher durchgearbeitet. Auf dieser Basis haben wir gemeinsam überlegt, aus welcher Perspektive man Baldiga denn erzählen kann. Schnell wurde klar, dass wir dazu Baldigas eigene Stimme brauchen, also die Tagebücher. Zu Beginn wollten wir weniger chronologisch sein, als wir das jetzt im Film sind. Geblieben ist aber Ringos Idee, den Film in Kapitel aufzuteilen, um sich jeweils bestimmten Themen zu widmen. Den ganzen und kompletten Menschen abzubilden, geht nicht, also haben wir uns auf zentrale Themen konzentriert. Das half schon mal bei der Strukturierung.
Dann ging es mit Fleißarbeit weiter: Die Negative liegen ja noch unsortiert in den Archivkisten, es mussten also erstmal sämtliche Kontaktabzüge und Negative, wo keine Abzüge da waren, fotografiert und katalogisiert werden. Wir mussten erst mal wissen, was denn eigentlich da ist und wo wir es wiederfinden würden. Es gab zwar bereits die Fotobücher, also Baldigas persönlichen Kanon seiner Fotografien, aber wir wollten wissen, was auch darüber hinaus noch in den Kisten lagerte.
In der Entwicklung der Erzählung haben wir dann schrittweise Fotos, Tagebücher und Interviewpartner:innen zu einer Geschichte verwoben. Das war ein Prozess, der sich letztlich bis in die letzten Tage des Schnitts zog. Welches Foto würde welchen Tagebucheintrag stützen? Soll ein Foto von Baldiga dessen Erzählung illustrieren, oder sollte da nicht ein Raum zwischen Tagebucheintrag und Foto liegen, den die Zuschauer:innen selbst auffüllen? Es war uns auch wichtig, die Fotografien nicht nur illustrierend einzusetzen, sondern als Kunstwerke wirken zu lassen. Es ging darum, die persönliche Entwicklung von Baldiga zu zeigen und gleichzeitig seine Kunst – und beides in ein ausgewogenes Verhältnis zu setzen.

Ihr habt Euch für einen hybriden Film entschieden, in dem sich Montagen aus Fotografien und Tagebucheinträgen mit neu geführten Interviews, Archivaufnahmen und nachgespielten Szenen abwechseln.

Unsere Entscheidung, die Erzählung vor allem entlang Baldigas Tagebüchern zu gestalten, hat den Weg für diese Art der Erzählung geebnet. Das Tagebuch ist ja eine besondere literarische Form, da schreibt man selten rein, dass es einem heute mal wieder so richtig gut geht und dass alles glatt läuft. Baldiga hat selbst mal geschrieben: „Ich und meine Tagebücher. Meist nur das Wiederspiegeln, die Hohlräume meines Herzens. Meist nur der Frust.“ Das erweckt auf die Dauer natürlich einen falschen Eindruck – als wäre er ein ständig frustrierter Mensch gewesen. War er aber überhaupt nicht, sondern im Gegenteil super aktiv. Und die Tagebuchperspektive verschleiert auch, dass er selbst – vor allem beim Fotografieren – gar nicht so viel gesprochen hat.
Es war also klar, dass wir neben der Tagebuchperspektive andere Stimmen im Film brauchten und mit Leuten sprechen wollen würden, die ihn kannten. Gleichzeitig sollte es aber auch kein Nachruf werden, wo Interviewte über einen Verstorbenen sprechen. Um einen lebendigeren Eindruck der Zeit zu gewinnen, haben wir zudem Archivaufnahmen verwendet. Die Aufnahmen von Performances der Tuntengruppen Ladies Neid und Les Tuxxx waren wichtig, um zeigen zu können, was die Leute, die Baldiga so großartig porträtiert hat, eigentlich gemacht haben: nämlich gesungen. Das lässt sich mit Fotos und Tagebüchern eher schwer transportieren.
Um die Vorstellung der Zuschauer:innen anzuregen, haben wir auch ein paar fiktionale Szenen im Film. Wir wollten allerdings nicht zeigen, „wie es war“, sondern offen legen, dass wir einen heutigen Blick auf das damalige SchwuZ richten. Zuschauer:innen sollten sofort verstehen, dass das hier nicht der Versuch ist, etwas naturgetreu nachzustellen, sondern dass wir eine Folie für die eigene Vorstellung anbieten. Diese Folie speist sich aber natürlich aus Baldigas Fotos und Tagebüchern, die wir bis dahin gehört und gesehen haben.

Im Film kommen viele Weggefährt:innen zu Wort, etwa Baldigas Tunten-Freund:innen Timo Lewandovsky (Tima die Göttliche), Bernd Boßmann (Ichgola Androgyn), sein letzter Partner Ulf Reimer, seine Schwester Birgit Baldiga. Wie habt Ihr die Protagnist:innen ausgewählt und wie (emotional) war der Dreh mit Ihnen?

Einerseits haben wir Interviewpartner:innen gesucht, die Baldiga schon sehr bald nach seiner Ankunft in Berlin gekannt haben. Hier fängt unser Film an, weil Baldiga da begonnen hat, Tagebuch zu schreiben. Wir waren sehr froh, mit Bernd Gaiser und Juliette Brinkmann sprechen zu können, die einen besonderen Blick auf Baldiga haben weil sie ihn als sehr jungen Menschen kannten. Weil wir auch seinen familiären Hintergrund erzählen wollten, hat Ringo Jürgens Schwester Birgit Baldiga kontaktiert, die sich erst überwinden musste, aber dann auch zu einem Interview bereit war.
Es gab auch einige Personen, die wir angefragt hatten, die aber zu einem Interview nicht bereit waren. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass die Zeit in der HIV/Aids nicht wirklich behandelbar war, einfach zu große Wunden hinterlassen hat. Aber genau darum ging es uns ja: die Verletzungen und die Arbeit, den Aufwand und die Energie, mit Krankheit und Sterben irgendwie umzugehen, zu erzählen. Ulf, als letzter Freund von Baldiga, war da einfach ein Geschenk. Man sieht es ja im Film, wie menschlich und selbstverständlich er mit Baldigas Erkrankung umgegangen ist.
Es war uns aber auch wichtig, mit Ärzt:innen und Krankenpfleger:innen aus dem Auguste-Viktoria-Klinikum zu sprechen. Deren Perspektive ist eine, über die nicht oft berichtet wurde, die für mich beim Dreh aber genauso emotional war wie die anderen. Es war berührend zu erfahren, wie diese Menschen im Gesundheitsbereich an vorderster Front standen, wie sie mit HIV/Aids, den Erkrankten und der damals besonderen Situation umgegangen sind und wie wach diese Erlebnisse in ihnen noch heute sind.
Besonders wichtig waren für uns natürlich die SchwuZ-Tunten. Von denen hätten wir gerne sehr viel mehr im Film gehabt, mussten aber auch hier auf die Gewichtung achten. Mit Ichgola, Kaspar Kamäleon und Tima haben wir ein richtig gutes Trio gefunden. Ich habe viel darüber gelernt, wie Betroffene damals Energie gewannen und sich mit anderen vernetzten, um auf die Bedrohung wie HIV/Aids und die damit einhergehende gesellschaftliche Repression zu antworten. Wir wollten die Differenzen innerhalb der schwulen Community nicht verschweigen und trotzdem erzählen, wie es gelingen kann, gemeinsam zu agieren und Ausgrenzung zu überwinden.

Baldiga hatte sich mit seinen Bildern einem radikalen Realismus verschrieben – er wollte das wirkliche Leben einfangen und auch das zeigen, wovon andere wegblicken: schwule Lust und Triebhaftigkeit, soziales Außenseitertum, Leben und Sterben mit HIV/Aids. Wie authentisch und direkt sollte der Film sein?

Wie bereits angedeutet: Die Fotos von Baldiga wirken sehr „authentisch“, beim genaueren Nachforschen aber ist da von Anfang an oft Inszenierung mit dabei. Interessant fand ich, dass er mal seinen Lover Eros als Penner auf der Straße schlafend fotografiert hat, also klar fürs Foto in die Ecke gelegt hat. Von daher ist der Begriff Authentizität bei Baldiga nicht so ganz eindeutig. Vielleicht ist Authentizität bei ihm eher ein künstlerisches Stilmittel. Etwas, womit er spielt. Wir Filmemacher:innen stehen da vor einem grundsätzlich anderen Problem: Der Dokumentarfilm speist sich ja aus einem Authentizitätsversprechen. Das ist eine Vereinbarung zwischen Publikum und Autor:innen. Wenn die gebrochen wird, hat man sein Geschäft vermasselt. Unsere Spielszenen wollten wir deswegen ganz klar als unsere Fantasie, unsere Vorstellung von dem, wie das damals ausgesehen haben könnte, kenntlich machen. Auf die Idee, im Stil des Films mit Baldiga zu konkurrieren, also so direkt zu sein wie er, kamen wir erst gar nicht. Das Ziel war, die Bilder selbst und sein Tagebuch konzise zu fassen und das rüberzubringen, was er geleistet hat. Wir wollten die Direktheit der Fotos sprechen lassen und mit dem Tagebuch so komponieren, dass wir in der Kürze der Zeit das spiegeln konnten, was wir selbst beim Lesen und Sichten erfahren haben. Daher kommt beispielsweise das dritte Kapitel „Triebe“ völlig ohne Interviews, Spielszenen oder Archivmaterial aus. Das sollte wirklich so direkt sein, wie Baldiga das Thema auch selbst behandelt hat.

In den queeren Institutionen Berlins ist Baldiga sehr präsent: Seine Bilder schmücken die Wände des SchwuZ, sein Nachlass gehört zu den prominentesten Beständen des Schwulen Museums. Wie schätzt Du seine Sichtbarkeit und seine Bedeutung on und off der Szene ein?

Queere Freund:innen, denen ich von dem Projekt erzählt hatte, kennen Baldiga vor allem wegen seinen berühmten Siegessäule-Covern. Andere hatten schon einmal ein Fotobuch von ihm in der Hand. Jenseits der Szene ist Baldiga definitiv ein Künstler, der erst noch entdeckt werden muss. So bekannt, wie er es verdient hätte, ist er nicht.
Baldiga war in Berlin einfach unglaublich viel unterwegs und hat auch viele seiner Bilder einfach so verschenkt. Bei der Buchvorstellung im Schwarzen Café wurde seine Fotowand geplündert – und im Tagebuch schreibt er, dass er stolz darauf ist. Baldiga geistert nach wie vor in der queeren Szene Berlins herum. Mit dem Film wollen wir ihn an die Oberfläche holen. Seine Kunst steht für so viel: die Geschichte von HIV/Aids, die Sub der 80er in Berlin und ein Lebensgefühl – und schließlich als Kunst eben ganz für sich selbst. Er sollte weit über Berlin und die Szene hinaus bekannt sein!

Filme wie „The Normal Heart“ (2014) und „120 BPM“ (2018) oder Serien wie „Angels in America“ (2003) und „It’s a Sin“ (2021) haben längst erzählt, wie es war, in den USA, Frankreich oder Großbritannien zu den Hochzeiten von HIV/Aids schwul zu sein. Im deutschen Kino fehlt ein solches period piece aber bisher. Wolltet Ihr mit dem Film diese Lücke auch ein bisschen schließen?

Ich hoffe, dass unser Film da erst der Anfang ist. Es ist sicher kein Zufall, dass wir den Film jetzt gemacht haben bzw. machen konnten. Mir kommt es so vor, als stünden wir gerade an der Schwelle an der sich entscheidet, ob die frühe HIV-Geschichte vergessen wird oder als Erzählung bewahrt bleibt und ins kollektive Gedächtnis wandert.

Biografie

MARKUS STEIN (Regie), Jahrgang 1965. Nach Kamera- und Regieassistenzen Regiestudium an der Polnischen Filmhochschule in Łódź. Danach als Regisseur, Drehbuchautor, Kameramann und Cutter an zahlreichen Dokumentar- und Spielfilmen beteiligt. Im Vordergrund der formalen Entscheidungen seiner Arbeiten stehen die Porträtierten. Sujets, Themen und Genres sind entsprechend vielfältig. Er lebt und arbeitet in Berlin.

Filmografie als Regisseur (Auswahl):

  • 1998

    „Komiwojazer / The Beginner “ (KF)

  • 2000

    „Der Marathon“ (MF)

  • 2001

    „Faust – Probenzeit“

  • 2008

    „Balkan Traffic – Übermorgen Nirgendwo“ (Co-Regie: Milan Puzic)

  • 2012

    „Unter Männern – Schwul in der DDR“ (Co-Regie: Ringo Rösener)

  • 2013

    „Auswärts “

  • 2014

    „Nur der Pole …“

  • 2019

    „Wer beherrscht Deutschland?“ (Co-Regie: Jan N. Lorenzen)

  • 2021

    „Die Kommunisten und der Pop“ (Co-Regie: Jan N. Lorenzen)

  • 2024

    „Baldiga – Entsichertes Herz“

Credits

Crew

Regie

Markus Stein

Buch

Ringo Rösener

Bildgestaltung

Florian Lampersberger

Schnitt

Brigitte Maria Schmidle BFS

Szenenbild

Bianca Bluhm

Komposition

Manuela Schininà, Eike Hosenfeld

Sounddesign

Claus Stoerner, Manuela Schininà

Oberbeleuchter

Florian Geyer

Beleuchter:innen

Paul Näther, Nina Reichmann, Malte Pröckl

Setton

Manuela Schininà, Claus Stoermer, Toni Gräfe

Kameraassistenz

Niklas Dietz

2. Kameraassistenz

Stefan Wiedner

Innenrequisite

Anita Grey

Setrequisite & Set Dress

Greta Jebens

Set Decoration

Adrian Nowak

Kostümbild

Marie-Luise Wolf

Maske

Anja Hartung, Andrea Dorn

Grafik & Animation

Sebastian Peuker

Regieassistenz

Jonas Erler

Filmgeschäftsführung

Sven Schmidt

Produktionsleitung

Jonas Giese

Produktionsassistenz

Lily Horn

Produzent

Olaf Jacobs

Producer

Dominik Lehmann, Kathrin Lemcke

Redaktion rbb

Rolf Bergman

Cast

Mit

Bernd Gaiser

Juliette Brinkmann

Birgit Baldiga

Tima die Göttliche (Timo Lewandowsky)

Ichgola Androgyn (Bernd Boßmann)

Kaspar Kamäleon

Keikawus Arastéh

Volker Wierz

Manuela Merkel

Sakine Meral

Hermann Jansen

Ulf Reimer

Ingo Taubhorn

Sprecher

Maurice Läbe

Baldiga

Franziskus Claus

Junger Baldiga

Jannis Veihelmann

Eros

Raphael Kaballo

Küche

Leonie Becker

Freier

Thomas Braungardt

Tunte

Teilzeitprinzessin Linette

Zusätzliche Baldigas

Stefan Wiedner, Lennart Stein

Eine Koproduktion der Hoferichter & Jacobs GmbH mit dem rbb
gefördert von Mitteldeutsche Medienförderung, Medienboard Berlin-Brandenburg, Kulturelle Filmförderung Mecklenburg-Vorpommern, BKM, DFFF

im Verleih von Salzgeber

Weitere Filme von Markus Stein

Unter Männern - Schwul in der DDR

ein Film von Ringo Rösener und Markus Stein