ein Film von Gerd Kroske
Deutschland 2012, 120 Minuten, deutsche Originalfassung
FSK 12
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Wer war Heino Jaeger? Seine Stehgreifgeschichten sind das Vorbild für Olli Diettrichs Ditsche-Performance. Loriot verehrte ihn als großen Humoristen. Eckhard Henscheid nannte ihn den „Mozart der Komik“. Dennoch ist Heino Jaeger der wohl unbekannteste unter den großen deutschen Komiker:innen. „Wir haben ihn wohl nicht verdient“, schlussfolgerte Loriot.
Auch fünfzehn Jahre nach Heino Jaegers Tod ist der Maler, Satiriker und frühe Radiokultstar der ewige Geheimtipp echter Komikkenner. Er gehörte mit Joska Pintschovius, Michael Mau und anderen der Hamburger Anti-68er-Strömung an, laborierte unheilbar an Kriegserfahrungen und am kleinbürgerlichen Bedürfnis der Deutschen, die Nazizeit zu vergessen, alles, was davor war, abzureißen und eine neue Zeit zu behaupten. Jaeger katalogisierte und hielt fest, schlüpfte in Rollen und verschwand darin. Auch für die, die Heino Jaeger lange Zeit begleitet haben, blieb er immer rätselhaft und ambivalent.
Gerd Kroske begibt sich im dritten Teil seiner Hamburg-Trilogie auf die Spuren von Heino Jaeger, auch auf die Suche nach Ursachen, weshalb Jaeger alkoholabhängig wurde und mit nur 59 Jahren in psychiatrischer Behandlung starb. Ein Künstlerporträt um eine faszinierende Leerstelle herum, ein Gesellschaftsporträt aus einer einzigartigen Perspektive.
1938
geboren in Hamburg-Harburg; Vater war Bildberichterstatter
1945
in Dresden ausgebombt; Volksschule; Malerlehre; Hochschule für bildende Künste Hamburg (Prof. Mahlau); Verschiedene Beschäftigungen, u.a. auf dem Feuerschiff Elbe 1, als Briefträger, Wagenpage, Backgehilfe, Textilentwerfer und Scherbenzeichner für Museen
seit
1960
Zeichnungen, Karikaturen und Druckgraphik
1965
Bilder
1967
Schallplatten und Rundfunksendungen mit Stehgreifgeschichten; Reisen nach Dresden, Prag, Budapest, Wien
1975
Versuch einer Auswanderung nach Thailand, Rückkehr
1983
Totalverlust der Wohnung mit allen Arbeiten durch Brand; Psychiatrie; Einweisung in ein Sozial-Psychiatrisches Heim
1997
Schlaganfall und Tod
Auf Heino Jaeger traf ich erstmals in Gestalt eines Bildes. Zu sehen war eine Bahnsteigsituation. Sehr verloren, sehr einnehmend. Ein Stadtlandschaft, tief hängende Wolken. Dass er auch ‚Stehgreifgeschichten’ für den Rundfunk machte, wusste ich lange nicht. Ein persönliches Kennenlernen musste ausbleiben. Jaeger verstarb bereits 1997. Aber eigentlich war es für mich nur folgerichtig, seinen präzisen Beobachtungen des deutschen Wesenszustands in Bild und Wort zu begegnen. Für mich eine nachhaltige Entdeckung, die immer wieder begreifbar werden lässt, woher all die deutsche Kleinmütigkeit, die angstbesetzten Zustände und die alltagsvergällenden Hausmeisterallüren hierzulande stammen. Heino Jaeger dabei aus dem historischen ‚off’ zu holen, gelingt nur, wenn man ihn als den kriegskindtraumatisierten Ausnahmekünstler – der genauso kaputt wie Deutschland in diesen Jahren war – erfasst. Hier sind seine Bilder und Hörstücke sehr gegenwärtige Offenbarungen, denn noch immer ist er ein präziser beißender Kommentator des Geisteszustands hierzulande.
GERD KROSKE (Regie & Buch) wurde geboren in Dessau / DDR. Lehre als Betonwerker. Telegrammbote. Jugendkulturarbeit. Studium der Kulturwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin und Regie an der HFF „Konrad Wolf“, Potsdam-Babelsberg. Arbeit als Autor und Dramaturg im DEFA-Dokumentarfilmstudio (1987-1991). Zusammenarbeit mit den Regisseuren Jürgen Böttcher, Helke Misselwitz und Volker Koepp. Eigene Regiearbeiten ab Herbst 1989. Freischaffender Autor und Regisseur seit 1991. Verschiedene Jury- & Lehrtätigkeiten für Film. Produzent bei realistfilm seit 1996.
Filmographie
1989
„Leipzig im Herbst“
1990
„La Villette“
1990
„Kehraus“
1991
„Kurt oder Du sollst nicht lachen“
1993
„Kurzschluss“
1993/94
„Vokzal – Bahnhof Brest“
1996/97
„Galera“
1996/97
„Kehrein, Kehraus“
1999/00
„Der Boxprinz“
2003/04
„Autobahn Ost“
2006
„Die Stundeneiche“
2005/07
„Wollis Paradies“
2009
„Schranken“
2010/12
„Heino Jaeger – look before you kuck“
2014
„Striche ziehen“
2015
„Grenzpunkt Beton“
2018
„SPK Komplex“
Regie & Buch
Gerd Kroske
Kamera
Susanne Schüle
Schnitt
Karin Gerda Schöning
Ton
Jonas Hummel, Paul Etscheit
Musik
Klaus Janek
Dramaturgie
Antje Stamer
Aufnahmeleitung
Lisa M. Böttcher, Andreij Schwartz
Filmgeschäftsführung
Andrea Göpfert
Herstellungsleitung
Andreas Goldstein
Produzent
Gerd Kroske
eine Produktion von realistfilm, Gerd Kroske
gefördert von MFG Baden-Württembeg, BKM, Deutscher Filmförderfonds, Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein und dem Filmbüro MV
im Verleih von Salzgeber