ein Film von Derek Jarman
UK 1990, 95 Minuten, englische Originalfassung mit deutschen Untertiteln
FSK 16
Digital restaurierte Fassung
Derek Jarman arbeitet in seinem Garten im englischen Dungeness. Um ihn liegt eine karge Küstenlandschaft, im Hintergrund ein gewaltiges Atomkraftwerk. Bilder von Blumen und Kies, dem Meer und dem Himmel. Es folgen Episoden einer Passionsgeschichte: Ein schwules Liebespaar wird festgenommen, gedemütigt und gekreuzigt. Die Zwölf Apostel treten als alte Frauen auf, die am Tisch sitzen und Glasmusik machen. Eine Madonna wird von maskierten Paparazzi bedrängt. Jesus muss den Niedergang der Welt mitansehen. Alles mündet in eine kämpferische Totenrede auf die verstorbenen Freunde.
„The Garden“ (1990) ist ein subjektiver, höchst sinnlicher Strom von Bildern, der kühn die Möglichkeiten des Kinos austestet. Der Experimentalfilm kommt ohne Dialoge aus, lyrische Erzählstimmen und ein betörender Soundtrack von Simon Fisher-Turner bestimmen die Tonspur. Derek Jarman (1942-1994) verhandelt darin nicht nur die eigene Sterblichkeit, er klagt auch wütend das repressive Klima gegen Schwule und Lesben unter der Regierung Margaret Thatchers in der Hoch-Zeit der Aids-Krise an – und hinterfragt kritisch die Rolle der katholischen Kirche in der Jahrhundert-langen Homosexuellen-Verfolgung.
Knapp 30 Jahre nach seiner Uraufführung wurde Jarmans visionäres Meisterwerk vom British Film Institute nun digital restauriert – und erscheint in dieser Fassung erstmals in Deutschland als DVD.
DEREK JARMAN (Regie), wahrscheinlich Großbritanniens visionärster Filmemacher seit Michael Powell, hat sich im Laufe seiner Karriere mehrfach neu erfunden. Ob in seinen intimen, scheu-subversiven Kostümdramen oder in seinen experimentellen Kinogedichten: Jarmans Werk war immer ein Gegen-Entwurf zur englischen Tradition der Meisterwerkverfilmungen und, von einem der wichtigsten schwulen Filmemacher seiner Zeit, eine Inspiration für seine Generation.
1942 geboren, studierte Jarman Malerei an der Slade School in London. Sein Interesse an Kostüm- und Bühnenbilddesign brachte ihn zunächst zum Royal Ballet, danach zum Coliseum, wo er 1968 an einer Don-Giovanni-Inszenierung beteiligt war. Seine erste Filmarbeit wurde das Produktionsdesign von Ken Russells „The Devils“ (1970).
Derek Jarmans erster eigener Film „Sebastiane“ konnte 1975 fertiggestellt werden, sein nächster, „Jubilee“, wurde 1977 auf den Internationalen Filmfestspielen in Cannes gezeigt. Darauf folgte „The Tempest“, eine eigenwillige Adaption von Shakespeares „Der Sturm“, der 1979 auf der Berlinale lief. Anfang der 80er drehte Jarman mehrere Kurzfilme, u.a. ein Musikvideo für Marianne Faithful. 1984 veranstaltete das Londoner Institute of Contemporary Arts eine Retrospektive mit Jarmans Bildern, im gleichen Jahr entstand der durch eine Reise in die Sowjetunion angeregte Kurzfilm „Imagining October“. Außerdem stellte er Entwürfe für ein Ballett von Micha Bergese fertig und veröffentlichte sein erstes Buch, das autobiografische „Dancing Ledge“.
1986 feierte „Caravaggio“ auf der Berlinale seine Uraufführung und gewinnt einen Silbernen Bären für seine künstlerische Gestaltung. Die Vorbereitung und Realisierung dieses Projekts kostete Jarman sieben Jahre, brachte ihm aber auch erstmals internationale Beachtung, vor allem in den USA, wo er danach als wichtigster innovativer Filmemacher gehandelt wurde. Im gleichen Jahr erfuhr Jarman von seiner HIV-Infektion. Auf den berüchtigten Clause 28 der Thatcher-Regierung (Verbot der Förderung von Homosexualität in öffentlichen Kontexten) reagierte er mit einer gesteigerten Behandlung des Themas in seinen Filmen. Im folgenden Jahr entstand „The Last Of England“ (gleichzeitig als Buch und als Film). Der Film gewann den L.A. Critics Award. 1988 inszenierte Jarman „War Requiem“ nach dem Werk Bejamin Brittens; der Film enthält den letzten Leinwandauftritt von Laurence Olivier.
1989 entwarf Jarman die Bühnenshow der Pet Shop Boys-Tour. Es folgte die Produktion von „The Garden“, die auch Thema seiner gesammelten Tagebücher ist, die unter dem Titel „Modern Nature“ im selben Jahr veröffentlicht wurden und auch verstärkt Jarmans Kampf gegen die Auswirkungen seiner Infektion behandelten. Sein filmisches Werk wurde davon allerdings wenig beeinträchtigt: in den nächsten drei Jahren schaffte er es, in einem einzigartigen Energieausbruch drei Filme fertig zu stellen: „Edward II“ (1991), „Wittgenstein“ (1992) und „Blue“ (1993). Der letzte entstand trotz einer fortschreitenden Aids-bedingten Erblindung als eine Art ‚Hörfilm’ – die Leinwand bleibt 70 Minuten lang einfach blau. Bei der Uraufführung während des New York Film Festivals im November 1993 erhielt Jarman eine minutenlange stehende Ovation.
Am 19. Februar 1994 starb Derek Jarman an den Folgen von Aids.
Regie
Derek Jarman
Kamera
Christopher Hughes
Montage
Peter Cartwright
Musik
Simon Fisher Turner
Madonna
Tilda Swinton
Liebhaber
Johnny Mills
Liebhaber
Kevin Collins
Teufel
Pete Lee-Wilson
eine Produktion von Basilisk Communications
in Zusammenarbeit mit Channel 4 Television Corporation
in Zusammenarbeit mit British Screen Productions
in Zusammenarbeit mit Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)
in Zusammenarbeit mit Uplink
unter Beteiligung von Sohbi Kikaku
unter Beteiligung von Space Shower TV
im Verleih von Salzgeber